Medizinstudierende kritisieren Corona-Semester

Medizinstudentin
Medizinstudentin: Sinnvolle Kombination aus praktischem Unterricht am Patienten und Online-Angeboten gefordert (Foto: © olegdudko/123rf.com)

Einer Umfrage des Hartmannbundes zufolge bewerten Medizinstudierende das vergangene, erste „Corona-Semester“ zwar nicht grundsätzlich negativ. Kritik hagelt es aber an der beschränkten Technikkompetenz vieler Dozenten.

„Nicht alles war schlecht, aber vieles hätte auch besser laufen können!“ So etwa lässt sich das Fazit aus der Umfrage des Hartmannbundes unter Medizinstudierenden zum Corona-Semester auf den Punkt bringen. Auf jeden Fall, da ist sich der Vorsitzende des Ausschusses der Medizinstudierenden im Hartmannbund Christian Wolfram sicher, hätten die Fakultäten „einige Hausaufgaben zu erledigen“.

Mehr Flexibilität, aber auch mehr Einschränkungen

Von den 841 Umfrage-Teilnehmern gaben knapp über 56 Prozent an, dass Ihnen das Online-Semester eine viel freiere Zeiteinteilung ermöglicht habe, sodass sie sich verstärkt dem Verfassen der Promotion oder auch ihren „Nebenjobs“ widmen konnten. Der Zugewinn an zeitlicher Flexibilität ging aber auch mit einigen, teils gravierenden, Einschränkungen einher. Etwa 80 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen durch den mangelnden direkten Patientenkontakt oder die fehlende Ausbildung im Labor Lücken in der Ausbildung entstanden seien. Ungefähr 45 Prozent der Studierenden haben das Semester dadurch als weniger oder sogar deutlich weniger produktiv empfunden als gewöhnlich. 

Mangelhafte Technikkompetenz der Dozierenden

Eine schlechte Informationskultur der Fakultäten, mangelnde Kommunikation der Fachbereiche untereinander und oft nur sporadisch vorhandene Technikkompetenzen der Dozierenden haben die Lehrqualität nach Meinung der Studierenden in diesem Semester stark gemindert. Lehrveranstaltungen wurden vielmals nicht oder nur unzureichend durch Online-Angebote ersetzt, Klausuren entweder auf die kommenden Semester verschoben oder in großen, übergreifenden Klausuren zusammengefasst. Ein einheitliches Vorgehen gab es selten fakultätsintern, niemals aber fakultätsübergreifend, sodass viele Studierende sich alleingelassen fühlten. Oftmals hing die Qualität der Lehre vom Engagement einzelner Dozierenden ab. Die Wahl der Videokonferenzplattform hingegen scheint keinen Einfluss auf den Lernerfolg gehabt zu haben.

Generell scheinen die Studierenden von Vorlesungen on demand eher zu profitieren. Auch interaktive, digitale Patientenfälle wurden als positiv empfunden. „Für das kommende Semester sollten die Fakultäten deshalb auf bessere Absprachen, eine sinnvolle Kombination aus praktischem Unterricht am Patienten und Online-Angeboten sowie auf gerechte Klausurterminierungen achten“, so Wolfram. Offen bleibe die Frage, ob und in welcher Form das 2. Staatsexamen im Herbst stattfinden wird. Hier sollten die Verantwortlichen möglichst schnell Klarheit für die Studierenden schaffen.