Viele Patienten mit Diabetes nutzen in ihrem Alltagsleben digitale Unterstützung durch spezielle Diabetes-Apps. Gleichzeitig stehen auch Behandler vor der Herausforderung, die unzähligen Angebote qualitativ einzuordnen. Ein neues Gütesiegel soll nun Licht in den Diabetes-App-Dschungel bringen.
Bislang gibt es keine offizielle Stelle in Deutschland, die derartige Apps systematisch und unabhängig prüft und bewertet. Deshalb haben gemeinsam die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD), und die Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes (DDH-M) unter der Federführung der Arbeitsgemeinschaft Diabetes & Technologie (AGDT) und der DDG die „DiaDigital“-App-Gruppe gegründet. Gemeinsam mit dem Bochumer Zentrum für Telematik und Telemedizin (ZTG) hat diese Gruppe unter anderem ein Qualitätssiegel für Diabetes-Apps entwickelt, das erstmals den Nutzen der Apps für Behandler, Betroffene und den Hersteller beurteilen soll. Die ersten vier von DiaDigital geprüften Apps sind vor Kurzem mit dem Siegel ausgezeichnet worden. Künftig will die Gruppe weitere Aktivitäten im Bereich der Digitalisierung in der Diabetologie starten.
Zehntausende Diabetes-Apps
Weltweit betrachtet, gibt es mittlerweile zehntausende Diabetes-Apps, darunter zum Beispiel Diabetes-Tagebücher zur Verwaltung sämtlicher Therapiedaten oder Programme, mit denen Anwender Kalorien, Brot- und Kohlenhydrateinheiten von Lebensmitteln zur Ernährungssteuerung abrufen können. Die Qualität der Angebote ist jedoch sehr verschieden und wird von offizieller Seite auch nicht kontrolliert.
„Im Rahmen von DiaDigital evaluieren wir Apps durch Anwendung eines von uns entwickelten Kriterienkatalogs, der den Nutzen für Betroffene und Behandler gleichermaßen berücksichtigt und zeichnen sie bei Erfüllung der Kriterien mit unserem Siegel aus“, sagt Diana Droßel, stellvertretende Vorsitzende von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe. Die bei diesem Bewertungsprozess erhobenen Angaben werden auf der Website der Gruppe veröffentlicht. Das soll unter anderem die notwendige Transparenz und eine rasche Anpassung der Bewertung an Weiterentwicklungen der Apps zu gewährleisten. Die Ergebnisse der vier bereits ausgezeichneten Apps sind auf der Webseite von DiaDigital abrufbar. Rund 50 Betroffene und Behandler haben sich als App Tester bei DiaDigital registriert. Ein wichtiges Ziel des Projektes ist die eigene App-Kompetenz zu steigern. Das gemeinsame Testen ist daher ein wichtiger Aspekt von DiaDigital.
Hersteller von Diabetes-Apps gesucht
Hersteller von Diabetes-App können sich um das Siegel bewerben. Dazu müssen sie auf der Webseite eine Selbstauskunft zum Produkt abgeben. Das ZTG nimmt eine technische Überprüfung vor und erstellt einen Prüfbericht. Die App-Tester bewerten die App individuell und beraten anschließend alle gemeinsam in einer Telefonkonferenz, ob die App alle Qualitätskriterien erfüllt. Der Hersteller erhält in jedem Fall eine Rückmeldung und gegebenenfalls die Möglichkeit der Nachbesserung. Bei positivem Ergebnis wird die App mit dem Qualitätssiegel ausgezeichnet.
„Unsere Bemühungen stellen den ersten Ansatz in Deutschland dar, Diabetes-Apps von Betroffenen und Behandlern gemeinsam zu beurteilen und diese damit gleichzeitig gegebenfalls zu verbessern“, erklärt Dr. med. Matthias Kaltheuner, leitendes Mitglied der DiaDigital-App-Gruppe. Er ist davon überzeugt, dass die Betroffenen den Nutzen solcher Apps besser beurteilen können als die Behörden.