Wie kommt man der Ursache von Herzrhythmusstörungen, ungeklärten Ohnmachtsanfällen (Synkopen) oder Schlaganfällen auf die Spur? Welche individuelle Behandlungsstrategie passt am besten? Mobile EKG-Geräte lieferten bislang häufig keine ausreichende Information. Deshalb empfiehlt sich oft eine dauerhafte Überwachung des Herzrhythmus rund um die Uhr mittels implantiertem Herzmonitor.
Die hierbei aufgezeichneten Daten mussten bisher mit Hilfe eines hochfrequenten Sendegerätes oder mit einem Transmitter entweder beim Arzt ausgelesen oder an ihn übermittelt werden. Die neue Herzmonitorgeneration erlaubt es dem Patienten jetzt nicht nur, seie Symptome am eigenen Smartphone zu erfassen und bestimmte Ereignisse genauer zu beschreiben. Sie werde dank automatischer Mitteilungsfunktion auch Zeit und Kosten sparen, betont Professor Dr. Dieter Horstkotte, Direktor der Klinik für Kardiologie im HDZ NRW. Unterstützt wird damit auch das Selbstmanagement der Patienten im Umgang mit der eigenen Erkrankung.
EKG-Daten für drei Jahre
Das große Plus der neuen Technologie besteht in der einfachen Bedienbarkeit: Über die interaktive App „myMerlin“ auf dem Handy können Patienten die EKG-Aufzeichnungen des kleinen, implantierten Herzmonitors weiterleiten und zugleich mit ihrem Arzt kommunizieren. Die miniaturisierten Überwachungsgeräte sind nur wenige Zentimeter lang und ohne die verbindende Smartphone-Technologie bereits seit einigen Jahren im klinischen Einsatz. Sie werden unter örtlicher Betäubung unter der Haut platziert und können über Zeiträume von bis zu drei Jahren alle relevanten EKG-Daten aufzeichnen.
Privatdozent Dr. Georg Nölker, Leiter des Katheterlabors für Elektrophysiologie am HDZ NRW, und dessen Stellvertreter Dr. Klaus-Jürgen Gutleben haben die weltweit ersten Patienten mit den neuen Herzmonitoren (Name: Confirm Rx, Abbott) versorgt, die über das Handy bedient werden können. „Wenn wir die Ursachen für ungeklärte Herz- oder Schlaganfallereignisse herausfinden wollen, sind wir auf die Unterstützung unserer Patienten angewiesen“, erläutert Nölker den Nutzen der neuen Technik. „Smartphones sind jederzeit verfügbar und leicht zu bedienen. Wir erhoffen uns dadurch mehr und genauere Angaben über seltene und für einen begrenzten Zeitraum auftretende Ereignisse, um den Patienten zukünftig durch rasche Diagnose und Therapie zu helfen.“
Telemedizinische Patientenbetreuung
Den kleinsten und neuesten Herzmonitor der Welt in technischer Hinsicht an die Smartphone-Nutzung anzupassen, hat dem Herzzentrum zufolge einige Entwicklungszeit in Anspruch genommen. Die europaweite Zulassung (CE-Zertifizierung) liegt vor. Die exakt auf das Implantat abgestimmte App ist für Android und iOS-Geräte gleichermaßen und in über 35 Sprachen verfügbar. Sie ermöglicht die Vernetzung kardialer Geräte mit integrierter Bluetooth Low Energy-Funktechnologie. „Die kontinuierliche Aufzeichnung der Herzrhythmus-Daten ist über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren möglich“, betont Dr. Nölker, der die Neuentwicklung auf der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim erstmals vorstellen wird. Die Chance, beispielsweise ein bisher unbemerktes Vorhofflimmern mit der neuen Diagnosehilfe aufzuspüren, sei mindestens sechs Mal so groß im Vergleich zu mobilen Langzeit-EKG-Geräten, schätzen die Experten im Herz- und Diabeteszentrum NRW. Die telemedizinische Betreuung der Patienten erfolgt über das Institut für angewandte Telemedizin (IFAT) am HDZ NRW unter der Leitung von Dr. Martin Schultz unter Berücksichtigung der geltenden medizin- und datenschutzrechtlichen Anforderungen. Diese sehen unter anderem vor, dass Patienten eine schriftliche Einverständniserklärung unterzeichnen müssen, wenn sie den Herzmonitor in Verbindung mit einem Smartphone nutzen möchten.
Spezialklinik für Herzrhythmusstörungen
Auf die Diagnose und Behandlung von Herzrhythmusstörungen ist das Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen als Spezialklinik mit allen modernen Verfahren seit mehr als 30 Jahren ausgerichtet. Der von den Oberärzten PD Dr. Georg Nölker und Dr. Klaus-Jürgen Gutleben geleitete Bereich der Elektrophysiologie im HDZ NRW zählt mit voraussichtlich über 1.000 Katheterbehandlungen in diesem Jahr zu den führenden Behandlungseinrichtungen in Deutschland. Die Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum ist an den Neuheiten der Medizintechnik unmittelbar beteiligt.