In einem gemeinsamen Positionspapier treten der Digitalverband Bitkom und der Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg) dafür ein, dass die Industrie bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens mehr Mitspracherechte erhält. Eine Aufgabenbündelung bei den Selbstverwaltungsorganen wird abgelehnt.
Aus Sicht der beiden Lobbyverbände befindet sich die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens in einem Dilemma: Einerseits wurde sie bisher in der Ära Jens Spahn wie nie zuvor auf gesetzlicher Ebene vorangetrieben. Doch nach Meinung von Bitkom und bvitg werden Innovationen noch immer ausgebremst. Die Folge seien wenig attraktive Angebote, die eine teils sehr eingeschränkte Wahlfreiheit für Leistungserbringende sowie Bürger gleichermaßen mit sich bringen.
„Die Digitalisierung kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten ihre Kompetenzen und Stärken optimal einsetzen können. Doch gerade die Expertise der Industrie wurde bisher nur unzureichend einbezogen, was zu zahlreichen praxisfernen Lösungen, Prozessen und Fristen führte“, erklärt bvitg-Geschäftsführer Sebastian Zilch. Die Schlussfolgerung des Verbandschefs: „Der bisherige Prozess der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens ist unzufriedenstellend und muss deshalb grundlegend neu gedacht und aufgestellt werden.“
Verantwortung klar verteilen
Vorschläge wie eine solche Umgestaltung aussehen kann, liefern der Bitkom und bvitg in einem gemeinsamen Positionspapier. Im Mittelpunkt steht dabei eine Neuverteilung der Kompetenzen und Verantwortlichkeiten. Ziel sei eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe.
Folgende Rollen sind dabei von den Verbänden angedacht:
• Die Bundesregierung organisiert als moderierende Instanz die Rahmenbedingungen für den Dialog aller Beteiligten.
• Die Gematik prüft als zentrale Koordinierungsinstanz die Einhaltung der festgelegten Leitplanken und übernimmt gegebenenfalls die Zertifizierung und Zulassung.
• Die Körperschaften stellen auf organisationaler Ebene die Versorgung sicher und können zusätzlich beauftragt werden, Vorgaben an Unternehmen zu überprüfen und zu bestätigen.
• Die Industrie bietet leistungsfähige Produkte auf internationalem Niveau zugeschnitten auf die Bedürfnisse und Wünsche von medizinischem Fachpersonal sowie Patienten. Zudem soll sie „ihre fachliche und technische Kompetenz auf mehreren Ebenen“ einbringen.
Die beiden Verbände sprechen sich in ihrem Papier explizit gegen eine Bündelung von Aufgaben in einer Hand aus, etwa indem Selbstverwaltungsorgane gleichzeitig als Anbieter von Lösungen auftreten. Die Verbände warnen davor, dass sonst „wichtige Prinzipien von Qualität, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft ausgehebelt werden“.
Gewolltes und Umsetzbares zusammenbringen
Darüber hinaus erneuern Bitkom und bvitg in ihrem Papier ihre bereits 2018 mit weiteren Verbänden der E-Health-Allianz formulierte Forderung nach einem E-Health-Zielbild für Deutschland. Das Konzept soll dazu beitragen, „das politisch Gewollte mit dem technisch Umsetzbaren zusammenzubringen“. Begleitet werden sollte dieser Prozess durch eine transparente „E-Health-Erfolgsmessung“.