Kann eine smarte Jacke mitgeführte Wearables mithilfe unserer Körperwärme mit Strom versorgen? In Jena wird daran geforscht und die bisherigen Ergebnisse sind nicht nur für Outdoor-Fans erfreulich, sondern auch für den Gesundheitsbereich.
Viele Besitzer einer Smartwatch kennen das Problem: Einen Tag lang reicht die Stromversorgung meist aus, aber wenn die smarte Uhr über Nacht nicht geladen wird, zeigt sie am nächsten Morgen nicht einmal mehr die Zeit an. Doch dieses Problem ist lösbar, meinen zumindest Forschende des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien in Jena. Sie entwickeln derzeit eine auf Textilien basierende autarke Energieversorgung.
Sie ist gedacht für am Körper getragene Wearables, die Vitalfunktionen prüfen, Schritte zählen oder über Verkehr und Wetter informieren. Um diese technischen Begleiter kontinuierlich mit Strom zu versorgen, haben die Jenaer Forschenden gemeinsam mit einem Team der ITP GmbH aus Weimar und dem Textilhersteller E. CIMA aus Spanien ein Material entwickelt, welches unabhängig von externen Stromquellen die benötigte Energie liefert: Die intelligenten Textilien wandeln Körperwärme unter Nutzung thermoelektrischer Effekte in Strom um, der in einem Akku gespeichert werden kann. Auf diese Weise können diese smarten Gewebe mobile Geräte der Unterhaltungselektronik oder für Gesundheitsanwendungen autark mit Energie versorgen. „Vitalparameter können damit beispielsweise kontinuierlich gemessen und überwacht werden“, meint Dr. Jonathan Plentz, Arbeitsgruppenleiter für Photonische Dünnschichtsysteme am Leibniz-IPHT.
Der Mensch sorgt für Energiegewinnung
Die Jenaer Forscherinnen und Forscher setzen konkret auf thermoelektrische Generatoren, welche die körpereigene Wärme in elektrische Energie umwandeln – der sogenannte Seebeck-Effekt (Wikipedia-Link). Dafür wird auf textilen Geweben eine thermoelektrische Funktionsschicht aufgebracht. Durch Temperaturunterschiede zwischen der Hautoberfläche des Nutzers und der Umgebungstemperatur konnten die Forschenden thermoelektrische Effekte mit Leistungen von bis zu 0,2 μW messen. Der erzeugte Strom ließe sich in einem Akku speichern, der dann den Energiebedarf von elektronischen Geräten für Gesundheit oder Sport deckt. „Damit wird die Energieversorgung von Geräten autark“, ist Projektleiterin Dr. Gabriele Schmid überzeugt.
Auch thermoelektrische Kühlung möglich
Die smarten Textilien können noch weitaus mehr: Der thermoelektrische Effekt kann auch für Kühlanwendungen und zur Temperaturregulierung eingesetzt werden. Ein mögliches Anwendungsgebiet sieht Plentz zum Beispiel in der Stahlindustrie: „An Hochöfen sind Arbeiterinnen und Arbeiter großer Wärmeentwicklung ausgesetzt. Schon nach kurzer Zeit steigt die Körpertemperatur durch die umgebende Hitze deutlich. Intelligentes Kühlgewebe integriert in Schutzkleidung kann helfen, die Körpertemperatur besser zu regulieren. Zudem zeichnen sich die textilen Materialien insbesondere durch ihre Luftdurchlässigkeit, Leichtigkeit und Flexibilität aus, was sich nicht nur positiv auf das Thermomanagement auswirkt, sondern zusätzlichen Komfort in herausfordernden Arbeitsumgebungen bietet.“
Massiver Temperaturunterschied
Bei Versuchen konnte mittels der smarten Kühlung bereits ein Temperaturunterschied von bis zu 12 Grad Celsius nachgewiesen werden, was für textile Elemente ein hoher Wert ist. Perspektivisch ließen sich damit nicht nur prozesskritische Bereiche in der Industrie temperieren, sondern auch etwa Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr wären mit den smarten Textilien mit ihren kühlenden Eigenschaften besser geschützt. Eine aktive Regulierung der Körpertemperatur mit hohem textilen Tragekomfort ist auch im medizinischen Umfeld (zum Beispiel zur Fiebersenkung) sinnvoll nutzbar. Die Kühlung von Transportgütern mittels funktionalisierter Textilien eröffnet weitere Anwendungsfelder. Im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWi) das Projekt.