Mit KI dem Darmkrebs auf der Spur

Oberarzt Philip Grunert und sein Endoskopie-Team testen ein neues, das auf Künstlicher Intelligenz basiert und die Erkennungsrate von Darmpolypen steigern soll. (Foto: UKJ)

Künstliche Intelligenz (KI) soll Ärzten nun während einer Darmspiegelung beim Aufspüren von Darmpolypen helfen, aus denen sich sehr häufig Darmkrebs entwickelt. Ärzte an der Uniklinik Jena testen nun ein entsprechendes System und zählen damit deutschlandweit zu den Vorreitern.

Während sich das Endoskop durch den Dickdarm des Patienten schlängelt und Oberarzt Dr. Philip Grunert Zentimeter für Zentimeter des Darms begutachtet, blitzt auf dem Monitor immer wieder mal ein neongrünes Viereck auf. Für den Oberarzt in der Klinik für Innere Medizin am Uniklinikum Jena (UKJ) das Signal, an dieser Stelle des Dickdarms noch mal genauer hinzuschauen. Denn hier könnte ein Darmpolyp sitzen. Oberarzt Grunert und sein Team testen als eine der ersten Kliniken Deutschlands ein neues System in der Endoskopie, das auf Künstlicher Intelligenz (KI) basiert. Es ist zwischen Endoskop und Computer zwischengeschaltet und wertet bei den Untersuchungen live die Bilder aus dem Darm aus. Sobald es auffällige Strukturen erkennt, schlägt das KI-System an. Visuell in Form eines neongrünen Vierecks oder akustisch mit einem Piepton.

Darmpolypen können gefährlich werden

Darmkrebs zählt zu den dritthäufigsten Krebserkrankungen in Deutschland. Ab dem 50. Lebensjahr bei Männern und ab dem 55. Lebensjahr bei Frauen gehören Darmspiegelungen deshalb zur Krebsvorsorge. „Finden wir Polypen, empfiehlt sich die Entfernung der Polypen und eine regelmäßige Kontrolle. Denn wir wissen, dass Darmkrebs zu 90 Prozent durch Polypen bedingt ist. Meist handelt es sich bei Polypen um Adenome. Die sind zwar zunächst gutartig, entwickeln sich aber häufig zu Karzinomen. Daher ist die Krebsvorsorge auch so wichtig“, erklärt Grunert.

KI-System für höhere Erkennungsrate

„Bei etwa 20 bis 30 Prozent der Darmspiegelungen finden wir Polypen“, so Grunert. Er hofft, dass die Erkennungsrate mit dem KI-System soll die Erkennungsrate noch einmal um 14 Prozentpunkte gesteigert werden kann. „Eine Endoskopie ist natürlich immer nur so gut wie der Untersucher“, weiß Grunert. Zum einen müsse der Darm für die Darmspiegelung gut vorbereitet sein. Zum anderen müsse man sich bei der Endoskopie die nötige Zeit lassen, um die Polypen zu suchen. 

Daher ersetzt auch das KI-System nicht das geübte Auge des Experten oder der Expertin. Denn das KI-System schlägt nicht nur bei vermeintlichen Darmpolypen an, sondern auch an Stellen, die sich schlicht als Luftblasen oder Verunreinigungen herausstellen. Grunert ist dennoch optimistisch: „Wir bekommen aber zumindest ein weiteres Paar Augen dazu“, sagt er.

Für die Testphase steht dem Endoskopie-Team zunächst ein KI-Gerät zur Verfügung. Bislang kam es bei über 40 Untersuchungen zum Einsatz. Nach der vierwöchigen Testphase soll dann Bilanz gezogen werden.