Auerswald und GIRA kooperieren verstärkt auch im Gesundheitsbereich. Die gemeinsame Erkenntnis der beiden Anbieter: Die Mitarbeiter in der Pflege muss man vom Nutzen neuer Technik meist gar nicht überzeugen – die Investoren hingegen schon. Ein Gespräch mit Account Manager Gilbert Pommer (Auerswald) und Key Account Projektmanager Health Care Dietmar Thorn (GIRA).
Alleine aufgrund der demographischen Entwicklung wird der Gesundheitsbereich in den kommenden Jahren weiter zulegen. Un sere Lebenserwartung hat sich seit dem 19. Jahrhundert fast verdoppelt. Momentan gehört in Deutschland mehr als jede vierte Person zur Generation 60 plus. 2050 wird es bereits mehr als jede dritte Person sein.
Für einen Wandel sorgt bei Medizin und Pflege auch die Digitalisierung, die hier immer mehr Bereiche erobert. Nicht zuletzt wird die wachsende Zahl älterer Menschen mit Hilfe immer ausgereifterer, digitaler Technologien länger als bisher eigenständig in den eigenen, vier Wänden leben. Der Weg in Pflegeeinrichtungen ist zwar manchmal unvermeidlich, doch viele Senioren werden Dank intelligenter Smart Home-Lösungen und Ambient Assited Living (AAL) damit bis ins hohe Alter mit diesem Schritt warten können.
Die bereits seit Jahren kooperierenden Anbieter Auerswald, ein mittelständisches Unternehmen mit Schwerpunkt Telekommunikationslösungen und der ebenfalls mittelständisch geprägte Anbieter Gira Giersiepen GmbH, ein Spezialist für Systemlösungen für die elektrotechnische und vernetzte Gebäudesteuerung, setzen angesichts dieser Prognosen auf Wachstum im Healthcare-Segment.
Expansion im Healthcare- und Pflegebereich
Neben der bestehenden Zusammenarbeit bei intelligenter Gebäudetechnik und -kommunikation wollen Auerswald und Gira stärker im Healthcare- und Pflegebereich kooperieren und hier expandieren. Beide Unternehmen sehen hier viele vertriebliche Gemeinsamkeiten. Doch auch eine gemeinsame, technische Zusammenarbeit auf Entwicklungsebene soll entstehen. „Das ist häufig natürlich auch eine Kapazitätssache“, benennt Gilbert Pommer die für viele Mittelständler ähnliche Herausforderung.
Die Partner im Fachhandel entdecken Digital Healthcare als mögliches Unternehmensstandbein seit etwa zwei bis drei Jahren. „Viele Systemhäuser und Fachhändler kennen zwar Smart Home-Lösungen, bringen das aber erst langsam mit dem Healthcare-Segement in Verbindung. Das Segment ist in den letzten zwei bis drei Jahren aber definitiv stärker geworden“, weiß Pommer. Auch Dietmar Thorn von Gira bemerkt einen „stetigen Zuwachs“ im Health- und Pflegebereich. „Immer mehr Menschen wünschen sich mehr technischen Komfort im Haus“. Das gelte für das smarte Eigenheim ebenso wie etwa bei Einrichtungen für betreutes Wohnen, Arztpraxen, Pflegeheime und auch Kliniken. „Die Anwender wünschen sich eine größere Funktionsvielfalt und auch das Design wird immer wichtiger“.
Auch Partner müssen noch lernen
Angesprochen darauf, dass Smart Home-Lösungen immer beliebter werden und deshalb immer mehr Anbieter auf den Markt drängen, kann sich Dietmar Thorn ein Schmunzeln kaum verkneifen: „Smart Home ist für Gira schon seit zwanzig Jahren ein zentrales Thema“, unterstreicht er. Der Telekommunikationsanbieter Auerswald ist hingegen erst später in den Markt eingestiegen. Doch beide Unternehmen stellen fest, dass die Fachhandelspartner zum Teil noch nicht umfassend mit dem Thema vertraut sind. „Richtige Smart Home Lösungen, die auf Bus-Technik basieren, sind kein triviales Thema“, weiß Gilbert Pommer. „Manche Elektriker müssen wir an das Thema erst noch heranführen. Andere Unternehmen, die sich mit Smart Home schon länger auseinandersetzen, stellen hingegen fest, dass es sinnvoll sein kann, sich auf diesen Bereich zu spezialisieren“. Schulungen sind angesichts vieler Neuerungen bei den Partnern beider Unternehmen aktuell sehr gefragt. Gira berät seine Partner in der Gira-Akademie online. Auerswald stellt den Partnern online Schulungsvideos zur Verfügung.
Senioren sind heute technik-affin
Dass die „Best Ager“, also Personen mit einem Lebensalter von über 50 Jahren, neuer Technik gegenüber kritisch eingestellt sind, verneinen beide Gesprächspartner deutlich. „Das mag heute noch für manche 90-Jährige zutreffen, aber die langsam ins Rentenalter kommende Generation der Baby Boomer ist ja bereits mit dem PC aufgewachsen. Man kann deshalb schon heute sagen, dass fast alle älteren Menschen absolut technik-affin sind“, betont Ditmar Thorn. Das gelte für Wohnungsmieter und Hauseigentümer, aber auch für den professionellen Klinik- und Pflegebereich. „Wenn durch neue Technik Personal effizienter eingesetzt oder entlastet werden kann, besteht fast immer Interesse“, sagt Gilbert Pommer. Personalkosten und Personalmangel sind gerade im Pflegebereich „heiße Eisen“. Jede Lösung, die diese Problematik entschärft, sorgt für Aufmerksamkeit.
Starrer Blick auf die Anschaffungskosten
Allerdings, sagt Kollege Dietmar Thorn, stehe der Blick auf die reinen Anschaffungskosten zu oft im Vordergrund. „Noch immer wird hier häufig nicht nachhaltig gedacht. Der Blick fällt auf den Produktpreis, aber es wird nicht genau betrachtet, welche Lösung auch wirklich einfach zu bedienen ist, welcher Anbieter gute Beratung und bei Problemen guten Service bietet“, so Thorn. „Die bei einer Anschaffung folgenden, laufenden Kosten werden immer wieder außer Acht gelassen“, pflichtet ihm Kollege Gilbert Pommer bei. Ein Beispiel hat Pommer direkt parat: „Natürlich kostet unser schnurloses DECT-Telefon COMfortel M-310 für den Healthcare-Bereich, das Stürze unbeschadet überlebt und gegen Desinfektionsmittel resistent ist, mehr als ein Standard-Modell“, sagt Pommer. Doch das Standardmodell müsse nach der ersten, unsanften Landung auf dem Klinikboden ausgetauscht werden. „Unser M-310 hält den Anforderungen im Klinik- und Pflegebereich jahrelang problemlos stand“.
Intuitive Bedienung spart wirklich
Neben dem Wissen um wirklich nachhaltige Technik mangele es auch im Bereich der intelligenten Gebäudetechnik häufig daran, dass Neuanschaffungen nicht überlegt ausgesucht werden. „Gebäudetechnik muss von den Bewohnern möglichst autark bedient werden können“, unterstreicht Thorn. Gefragt seien folglich einfache Systeme, die der Patient oder die häufig unter Zeitdruck stehende Pflegekraft intuitiv steuern könne. Den IT-Verantwortlichen in Kliniken oder Seniorenheimen sei es zudem wichtig, dass smarte Gebäude-Technologie und Kommunikationslösungen mittels Eigenadministration nutzbar seien. Simple Einstellungen wie etwa der auf dem Display erscheinende Name eines Endgeräts („Mobiltel. 12“) sollten ohne langes Studium der Dokumentation schnell zu ändern sein.
Umdenken ist notwendig
Das Fazit der beiden Gesprächspartner: Vielfach werde im Gesundheitsbereich der Fehler gemacht, dass – etwa bei Projekten – nur Basisfunktionen abgefragt werden. „Bei vielen Investitionen wird übersehen, wie viel mehr unter dem Strich durch die Anschaffung einer hochwertigen Lösung eingespart werden könnte, weil Systeme besser und damit zeitsparender bedienbar sind, wesentlich länger halten oder besser integrierbar sind“, sagt Gilbert Pommer. Nicht selten gebe es aber den Fall, dass der Klinikbetreiber vom Nutzen einer Lösung überzeugt ist, der Investor dann aber den Rotstift ansetzt und nur die Anschaffung der vermeintlich billigsten Lösung genehmige. Hier wünschen sich die beiden Anbieter Auerswald und Gira ein Umdenken. Schließlich kannten schon unsere Großeltern den Sinnspruch „Wer billig kauft, kauft zweimal!“.
Das Gespräch mit Account Manager Gilbert Pommer (Auerswald) und Key Account Projektmanager Health Care Dietmar Thorn (GIRA) fand auf der Fachmesse „Altenpflege 2019“ in Nürnberg statt.