Videoschulungen für Diabetes-Patienten müssen dauerhaft Kassenleistung werden, fordern jetzt Diabetesverbände. Sie wollen, dass die Videoschulung auf unbegrenzte Zeit als ergänzende Option neben den Präsenzschulungen erstattungsfähig gemacht wird.
Um Menschen mit Diabetes Typ 1 oder Typ 2 in der Corona-Pandemie bei der Therapieumsetzung zu unterstützen, gab es von Anfang April bis auf Weiteres in einigen KV-Bezirken Ausnahmeregelungen. Dadurch wurden Videoschulungen statt der üblichen Präsenzgruppenschulungen geführt. Ziel war es, auch weiterhin eine gute Glukoseeinstellung zu ermöglichen, um die Patienten vor Komplikationen zu schützen. Dieses Format hat sich bewährt, zeigt eine aktuelle Umfrage. Durchgeführt wurde sie vom wissenschaftlichen Institut der niedergelassenen Diabetologen (winDiab), dem Forschungsinstituts der Diabetes-Akademie Mergentheim (FIDAM) gemeinsam mit dem Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland (VDBD), dem Bundesverband Niedergelassener Diabetologen (BVND), der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.
Insgesamt 356 in der Diabetologie Tätige aus allen 17 KV-Bezirken nahmen an der Online-Befragung teil. 75 Prozent sind der Ansicht, dass die Internetstruktur in ihrer Praxis für die Online-Schulung ausreicht. 61 Prozent der Praxen sehen sich für die Online-Gruppenschulung sogar technisch gut ausgestattet. 55 Prozent schätzen die Schulungskräfte als angemessen technisch kompetent ein, um Videoschulungen durchzuführen.
Praktische Erfahrungen notwendig
Für 51 Prozent der Befragten war die Corona-Pandemie ein Anlass, um sich näher mit der Online-Schulung zu befassen. Dass die Möglichkeit der Videoschulung während dieser Zeit eine gute Alternative zur Präsenzschulung war, fand fast die Hälfte (48 Prozent) der Befragten. Insgesamt bewerteten Praxen, die bereits Erfahrungen mit der Online-Schulung gesammelt haben, diese in allen Bereichen signifikant positiver als solche, die bislang noch keine Online-Schulungen durchgeführt hatten. „Dies zeigt, dass praktische Erfahrungen mit diesem für die Diabetesschulung neuen Medium notwendig sind“, sagt Dr. med. Matthias Kaltheuner, Diabetologe und Geschäftsführer von winDiab.
Kein Ersatz für Präsenzschulungen
Ein Drittel aller Befragten wünscht sich, dass die Online-Schulung einen festen Platz im Praxisangebot für strukturierte Schulungs- und Behandlungsprogramme erhält. „Dies begrüßen wir sehr, da wir so weitestgehend auch technikaffine Patienten und Berufstätige schulen können oder Personen mit langen Anfahrtswegen zur Praxis“, sagt Dr. rer. medic. Nicola Haller, Vorsitzende des VDBD. Die Präsenzschulungen müssten allerdings weiterhin Goldstandard der Diabetesschulung bleiben. Denn für ältere Menschen oder Personen ohne technische Voraussetzungen und Technikaffinität halten die meisten Befragten eine Online-Schulung für weniger gut geeignet. So sind 82 Prozent der Ansicht, dass insbesondere die Interaktionen zwischen dem Kursleiter und den Patienten, aber auch zwischen den Patienten bei der Präsenzschulungen deutlich besser sind.
„Die Mehrheit der Befragten war zuversichtlich, Patientinnen und Patienten ihrer Praxis zu einer Videoschulung motivieren zu können. Ein Technik-Check vor der Schulung erscheint jedoch unbedingt notwendig, um einen störungsfreien Ablauf zu ermöglichen“, sagt Dr. med. Nikolaus Scheper, niedergelassener Diabetologe und Vorsitzender des BVND.
Dauerhaftes Parallelangebot etablieren
Die Verbände sind der Ansicht, dass Diabetesschulungen per Video als eine praktikable, umsetzbare Lösung und ergänzende Option sind: „Wir fordern daher dauerhaft ein gemeinsam erarbeitetes Parallelangebot von Präsenz- und Videoschulungen in der Diabetologie“, so die Sprecher der Diabetes-Organisationen, die sämtliche Diabetologen und Diabetesberatende in Deutschland repräsentieren.
„Voraussetzung ist, dass Videoschulungen nur mit den DMP-Diabetes zertifizierten strukturierten Schulungs- und Behandlungsprogrammen durchgeführt werden. Und natürlich müssen die von der KBV gesetzten Datenschutzstandards eingehalten werden und nur zertifizierte Videoanbieter mit End-to-Endverschlüsselung genutzt werden“, fordert Professor Dr. med. Monika Kellerer, Präsidentin der DDG. Für Trainerinnen und Trainer, die Videoschulungen durchführen sei zudem eine eine entsprechende Qualifikation unabdingbar. Notwendig sei außerdem ein abrechnungsfähiges Modul zur Technikeinweisung bei Gruppenschulungen im Videomodus.