Die Steuerberatungsgesellschaft Ecovis kritisiert Eckpunkte des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG). Einige der beschlossenen Maßnahmen seien Rohrkrepierer. Es enthalte aber auch positive Ansätze für Ärzte und Patienten.
Ein zentraler Punkt des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) ist die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn öffentlichkeitswirksam geforderte Erhöhung der Mindestsprechstundenzahl in den Praxen. „Dabei hat er wohl übersehen, dass die allermeisten Ärztinnen und Ärzte ihre Praxis ohnehin mehr als 20 Stunden pro Woche geöffnet haben und in der Regel schon jetzt auf rund 50 Arbeitsstunden pro Woche kommen“, erläutert Daniela Groove, Rechtsanwältin bei der Steuerberatungsgesellschaft Ecovis in München.
Neben den längeren Sprechstundenzeiten seien Fachärzte der grundversorgenden und wohnortnahen Versorgung verpflichtet, fünf offene Sprechstunden pro Woche anzubieten – also ohne vorherige Terminvereinbarung. Dafür gibt es 15 Prozent Aufschlag auf die Grundpauschale. Da liegt es nahe, ganz einfach fünf normale Sprechstunden zu offenen Sprechstunden „umzuwidmen“, um den Zuschlag zu erhalten. Ob das die Patientenversorgung verbessert? „Wohl eher nicht“, ärgert sich Groove, „aber so wirkt es halt schön bürgernah. Und dass damit keine Verbesserung für Patienten erreicht wird, ist egal.“
Auch positive Tendenzen erkennbar
Einige TSVG-Maßnahmen des hätten aber durchaus praktischen Mehrwert für Ärzte, insbesondere was die Regresse angeht. So wird die Verjährungsfrist für Honorarrückforderungen von vier auf zwei Jahre verkürzt. Das bedeutet, dass Kürzungen
innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheids oder für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Ende des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, festgesetzt werden müssen. Für Plausibilitätsprüfungen gilt dasselbe. Und noch ein positiver Aspekt: „Wo früher die Kosten einer als unwirtschaftlich beurteilten Leistung vollständig regressiert wurden, müssen Ärzte jetzt nur noch die Differenz zwischen wirtschaftlicher und unwirtschaftlicher Leistung erstatten“, erklärt Groove.
Auch weitere Prüfungen entfallen
Es werden künftig keine Wirtschaftlichkeitsprüfungen mehr für Verordnungen von Behandlungen in Kliniken, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen sowie für besondere Arznei- und Heilmittelverordnungen durchgeführt. In Gebieten mit ärztlicher Unterversorgung oder solchen, die davon bedroht sind, wird es außerdem auch keine Durchschnittswertprüfungen mehr geben.
Bereits ab 30. November 2019 soll auch die Zufälligkeitsprüfung entfallen und durch eine anlassbezogene Prüfung ersetzt werden. Kassenärztliche Vereinigungen (KV) oder gesetzliche Krankenversicherer (GKV) werden hier wohl einen begründeten Antrag stellen müssen. In diesem müssen zum Beispiel Fehlindikationen, Ineffektivität oder Qualitätsmängel beschrieben werden. Oder im Antrag muss ein begründeter Verdacht dokumentiert sein, dass Leistungen unvereinbar mit einem Heil- und Kostenplan sind. Die Details dazu werden die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der Krankenversicherungen noch vereinbaren.
Gut für die Patienten
Bei der Leistungsvergütung sind ebenfalls positive Änderungen zu verzeichnen. So wird der Leistungsanspruch auf künstliche Befruchtung um die Kryokonservierung von Keimzellgewebe, Ei- und Samenzellen erweitert, wenn eine anstehende keimzellschädigende Behandlung wie Bestrahlung oder Zytostatikaeinnahme zum Verlust der Fruchtbarkeit führen kann. Darauf haben Frauen zwischen dem 25. und 40. und Männer bis zu ihrem 50. Lebensjahr Anspruch.
Auch beim Impfschutz gibt es Veränderungen: Bei Auslandsaufenthalten, die aufgrund einer Ausbildung, eines Studiums oder beruflich erforderlich werden, übernimmt die GKV die Impfkosten. Zuvor war hierfür der Arbeitgeber zuständig, Studierende mussten selbst in die Tasche greifen.