Ausgezeichnet: Assistenzsystem für die minimalinvasive Cochlea-Implantat-Chirurgie

Für die Entwicklung eines Assistenzsystems zur Unterstützung der minimalinvasiven Cochlea-Implantat-Chirurgie ist jetzt der Wissenschaftler Dr.-Ing. Jan-Philipp Kobler mit dem Klee-Preis 2016 ausgezeichnet worden.

Mit einem Cochlea-Implantat können viele Patienten wieder hören, die taub oder im Laufe ihres Lebens hochgradig schwerhörig geworden sind. Der dazu erforderliche Eingriff muss jedoch höchst exakt durchgeführt werden, da der Schädel des Patienten im Bereich des Felsenbeins geöffnet und ein kleiner Elektrodenträger mit bis zu 22 Elektroden in die Cochlea eingebracht werden muss. Bei diesem Vorgang kommt es auf eine Genauigkeit im Bereich von wenigen zehntel Millimetern an. Dr.-Ing. Jan-Philipp Kobler hat sich in seiner Dissertation am Institut für Mechatronische Systeme an der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover mit dem Thema beschäftigt und ein mechatronisches System entwickelt, mit dem das hochgenaue Anlegen eines minimalinvasiven Bohrkanals zur Cochlea und das Einführen des Elektrodenträgers durch diesen Zugang unterstützt werden. Für diese Leistung wurde er von der Deutsche Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (VDE|DGBMT)  und der Stiftung Familie Klee mit dem Klee-Preis für hervorragende wissenschaftliche Arbeiten ausgezeichnet.

Parallelkinematischen Roboter

Damit chirurgische Eingriffe immer häufiger präzise und zunehmend minimalinvasiv durchgeführt werden können, sind medizintechnische Systeme sind eine unverzichtbare Voraussetzung. Bildgebung, Navigationssysteme und mechatronische Assistenzsysteme müssen den Arzt optimal bei den Interventionen unterstützen. Für die minimalinvasive Cochlea-Implantat-Chirurgie hat sich Jan-Philipp Kobler für einen knochenfixierten, rekonfigurierbaren, parallelkinematischen Roboter entschieden. Dieser Roboter wird am Schädel verankert und stellt eine patientenindividuell einstellbare Führung für chirurgische Werkzeuge bereit. Für die Optimierung des Systems nutzte der Preisträger Simulationen, bei denen die klinischen Anforderungen an die Kinematik, die Genauigkeit und die Sterilisierbarkeit eine wichtige Rolle spielten. Gemeinsam mit Wissenschaftlern und Chirurgen der Medizinischen Hochschule Hannover realisierte und evaluierte Kobler das System. Sie führten Bohrversuche an Schädeln durch und bewerteten die Genauigkeit und Praxistauglichkeit. Für das Einbringen des Elektrodenträgers entwarf und realisierte der Wissenschaftler ein Insertionswerkzeug, das danach in Experimenten getestet wurde. Der Fokus lag dabei auf hochgenaue Messung der beim Einbringen auftretenden Insertionskraft zur Schonung sensibler Strukturen im Inneren der Cochlea. Die Ergebnisse seiner Arbeit mit dem Titel „Ein knochenfixiertes, mechatronisches Assistenzsystem für die minimalinvasive Cochlea- Implantat-Chirurgie“ publizierte der Autor in sieben Artikeln in wissenschaftlichen Journalen als Erstautor und in weiteren sieben Konferenzbeiträgen sowie in einer Patentschrift.

Den zweiten Preis für hervorragende wissenschaftlicher Arbeiten erhielt Dr.-Ing. Andreas Weltin für die Dissertation „Multiparametric, flexible microsensors for in vivo application“, der dritte Preis wurde  Dr.-Ing. Thomas Seel für die Dissertation „Learning Control and Inertial Realtime Gait Analysis in Biomedical Applications“ verliehen. Der VDE|DGBMT verleiht den mit 5.000 Euro dotierten Preis gemeinsam mit der Stiftung Familie Klee einmal im Jahr an Autoren wissenschaftlicher Arbeiten mit den Schwerpunkten Biomedizinische Technik als interdisziplinäres Fach, ingenieurwissenschaftliche Lösungen aktueller klinischer Probleme sowie naturwissenschaftliche Beiträge für Diagnostik oder Therapie.