Messgerät für geringeres Operationsrisiko

Prof. Eugenijus Kaniusas und sein Team haben das neue Messgerät entwickelt. (Foto: TU Wien)

Ein neues elektromedizinisches Gerät erfasst wichtige Daten, die vor einer Operation über mögliche Risiken Auskunft geben können. Dafür genügt es, wenn der Patient oder die Patientin kurz die Luft anhalten.

Das individuelle Risiko von Patienten vor einer Operation richtig einzuschätzen, kann Leben retten. Bestehen vielleicht Kreislauf- oder Lungenprobleme, auf die man besondere Rücksicht nehmen muss? Inwieweit kann man beim Planen der Anästhesie auf spezielle Gefahren eingehen? Bisher mussten Ärzte sich hierbei vorwiegend auf ihre Erfahrung verlassen oder im oder im Zweifelsfall aufwändigere Untersuchungen durchführen. Forschende an der TU Wien und der MedUni Wien haben jetzt ein Gerät entwickelt, das hier Abhilfe schaffen und die Sicherheit von Patienten erheblich verbessern könnte. Das Gerät misst die „Fitness des Herz-Kreislauf- und Lungensystems“ auf einfache und objektive Weise messen soll. Die Forschenden haben sich ihre Erfindung wurde bereits international patentieren lassen. Bereits vorliegende Ergebnisse sind vielversprechend und erste klinische Studien zur Anwendung werden geplant.

Messung ergänzt Vorgespräche

Nach chirurgischen Eingriffen kommt es mitunter zu Komplikationen. Neben Blutverlust und Sepsis zählen perioperative Probleme von Herz-Kreislauf und Lunge zu den häufigsten Ursachen für Todesfälle in den ersten 30 Tagen nach einer Operation. 

Um dieses Risiko zu minimieren, führen Anästhesisten vor der Operation neben Blutdruckmessung, Elektrokardiogramm oder weiterführenden aufwändigen Untersuchungen routinemäßig Gespräche mit den Patienten. Bei diesen Gesprächen müssen sich die Mediziner jedoch auf ihren subjektiven Eindruck verlassen und sind zudem darauf angewiesen, dass die Patientinnen oder Patienten wahrheitsgemäß Auskunft geben. „Es gibt auch objektiv messbare Parameter, an denen man mögliche Risiken einfach erkennen könnte“, sagt Prof. Eugenijus Kaniusas von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der TU Wien. „Bisher wurden sie aber nicht routinemäßig gemessen.“

Kurz die Luft anhalten

Das soll sich nun ändern: Das neue Gerät kann mit Hilfe mehrerer Sensoren auf völlig nicht-invasive Weise die wichtigsten Messgrößen ermitteln. Der Patient oder die Patientin muss lediglich kurz den Atem anhalten, um den Körper leicht aus der Balance zu bringen. Der Körper reagiert darauf reflexartig mit verschiedenen Biosignalen: „Luftanhalten ist ein milder Stress für den Körper, aber das genügt bereits, um Änderungen im regulatorischen Herz-Kreislauf- und Lungensystem zu beobachten“, so Kaniusas. Die Sauerstoffsättigung im Blut, die Herzfrequenzvariabilität, bestimmte Eigenschaften der Pulswellenform seien dynamische Parameter, die sich auf einfache Weise messen ließen. „Aus ihnen könnten wir im Idealfall auf die individuelle Fitness im Allgemeinen schließen, speziell vor einer Operation.“

Einfach bedienbar

Das Gerät ist nicht-invasiv. Eine ärztliche Ausbildung ist also nicht erforderlich, um es zu bedienen. Zudem besteht keine Gefahr durch Nebenwirkungen für die Patienten. Das Ergebnis ist leicht abzulesen: Angezeigt wird eine grobe Einschätzung nach dem dreifarbigen Ampelsystem beziehungsweise eine Punkteanzahl zwischen 0 und 100. Die Messung kann bei mobilitätseingeschränkten Personen problemlos auch am Krankenbett durchgeführt werden.

„Unser Labor-Prototyp wird an der MedUni Wien in Kooperation mit Prof. Klaus Klein von der Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie getestet“, so Eugenijus Kaniusas. Die Forschenden hoffen nun, das Gerät in den nächsten fünf Jahren mit Hilfe des Forschungs- und Transfersupport auf den Markt bringen zu können.