Ralf Koenzen ist geschäftsführender Gesellschafter und Gründer des Aachener Unternehmens Lancom Systems, einem führenden Hersteller von Netzwerklösungen für Geschäftskunden und den öffentlichen Sektor. In seinem Gastbeitrag erläutert er, warum ein modernes Klinik-WLAN nicht nur die Aufenthaltsqualität der Patienten steigert, sondern auch Kosten senkt und der Pflege dient.
Gastbeitrag von Ralf Koenzen
In der zweiten Märzhälfte dürfte mancher Klinik-Chef neidisch nach Berlin geblickt haben. Mit nicht weniger als zwei Millionen Euro möchte der Berliner Senat städtische Kliniken dabei unterstützen, freies WLAN für Patienten, Besucher und Mitarbeiter anzubieten. Die Mittel sollen die Anschaffung der WLAN-Hardware und den Aufbau der kostenlosen Hotspots ermöglichen.
Während allerdings Gesundheitssenatorin Dilek Kolat mit ihrer „Digitalisierungsoffensive“ primär die Aufenthaltsqualität der Patienten steigern möchte, ist dieses Thema eigentlich nur ein Teilaspekt bei der Digitalisierung in Kliniken und Reha-Zentren.
WLAN im Krankenhaus kann mehr
Das Potential von Drahtlosnetzwerken in der Verwaltung, Behandlung und Pflege ist so enorm, dass Krankenhäuser durch die Reduzierung auf den kostenlosen Internet-Zugang und eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität weit hinter ihren Möglichkeiten bleiben. Ein Blick in Kliniken, die sich intensiv mit den Chancen der Digitalisierung auseinandergesetzt haben und diese konsequent umsetzen, erklärt weshalb.
WLAN-Infrastrukturen sind unglaublich vielfältig und leistungsfähig. Professionell aufgebaut, erlauben sie die parallele Nutzung für ganz unterschiedliche Dienste in Kliniken und werden zum wichtigen Helfer von Ärzten, Pflegekräften und Verwaltung. Am Ende profitieren alle von einer höheren Behandlungsqualität, mehr Komfort – und geringeren Kosten. Selbstverständlich lassen sich alle Anwendungen sicher und sauber voneinander trennen. Technisch spricht man in diesem Zusammenhang von VLAN und Multi-SSID. Durch diese logische Trennung sind sensible Patientendaten selbst dann stets zuverlässig geschützt, wenn dasselbe physikalische Netz für den Patienten-Hotspot genutzt wird.
Mehr Behandlungsqualität, geringere Kosten
Seine vollen Stärken spielt WLAN bei der Prozessoptimierung aus. Die elektronische Patientenakte, die alle gesundheitsrelevanten Patientendaten festhält, hat sich bereits an vielen Kliniken etabliert. Sie gilt als das Herzstück für mehr Transparenz, Effizienz- und Qualitätssteigerung im Gesundheitswesen. Vielfach wird bereits bei der Patientenaufnahme sowie der Diagnose und Behandlung voll auf digitale Technik in Form von mobilen Endgeräten mit Stifteingabe oder Touchscreen gesetzt. Die fehleranfällige, zeitaufwändige Papierkladde hat ausgedient.
Auch das Monitoring der Vitaldaten der Patienten über mobile Geräte wird immer wichtiger. Ein typisches Beispiel ist der WLAN-fähige Herz-Monitor, den der Patient am Körper trägt. Die Technik erleichtert zum einen die Dokumentation wichtiger Patientendaten und erlaubt gleichzeitig eine frühzeitige Mobilisierung, was die Genesung beschleunigt. Kürzere „Liegezeiten“ und geringere Kosten sind die Folge.
Ein weiterer Anwendungsbereich ist die Diagnostik. Die mobile Bilddiagnostik punktet vor allem mit dem schnellen, ortsunabhängigen Zugriff auf die Patienteninformationen. Digitale Archive helfen, Material, Platz und damit Kosten zu sparen. Ein anderes Beispiel: Ein mobiles, WLAN-fähiges Blutgasanalyse-Gerät kann sowohl im Labor als auch im OP genutzt werden. Dank Mehrfachnutzung sparen Kliniken die Kosten für die Anschaffung von zusätzlichen stationären Diagnosegeräten.
Daneben schafft ein flächendeckendes Drahtlosnetzwerk die Basis für WLAN-Telefonie. Der Vorteil ist, dass keine weiteren Funknetze – wie DECT oder GSM – installiert werden müssen und im ganzen Haus kostenlos und in exzellenter Qualität telefoniert werden kann.
Kliniken müssen Chance nutzen
Die Beispiele zeigen sehr schön, dass eine echte WLAN-Digitalisierungsoffensive in den Berliner Kliniken bei den Prozessen ansetzen und beim Patienten enden müsste. Der vom Berliner Senat anvisierte Entertainment-Effekt ist dabei nur einer von vielen Aspekten, ein reines „Surf-WLAN“ ist zu kurz gedacht.
Für die Berliner Kliniken muss es nun heißen: die Chance nutzen und den Investitionszuschuss des Senats sinnvoll einsetzen. Wir alle wissen, dass die deutschen Kliniken unter enormen Kostendruck stehen. Selbstverständlich dürfen Einsparungen nicht zu Lasten der Patienten gehen. Mit einem schlüssigen Digitalisierungskonzept, das alle Bereich eines Krankenhauses einschließt, lassen sich nicht nur Behandlungs- und Pflegequalität steigern, sondern gezielt Kosten senken. Eine echte Win-Win-Situation für alle Beteiligten: Patienten, Pflegekräfte, Ärzte und Betreiber.
Ralf Koenzen bloggt regelmäßig hier