Zwei Drittel der Deutschen sind mit der ärztlichen Behandlung unzufrieden. Zwar halten die meisten ihre Ärzte für kompetent, bemängeln jedoch, dass das Patientengespräch zu kurz kommt. 45 Prozent sind der Ansicht, dass der Arzt sich zu wenig Zeit für sie nimmt – das äußern vor allem gesetzlich Versicherte mit 48 Prozent, während es unter den privat Versicherten nur 26 Prozent sind. Weitere Kritikpunkte sind mit jeweils 20 Prozent die Öffnungszeiten der Praxen und das Gefühl, vom Arzt und seinen Angestellten nicht ernst genommen zu werden.
Zu diesen Ergebnissen kommt die repräsentative Umfrage „Healthcare-Barometer 2018“, die von der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC bereits zum vieren Mal durchgeführt worden ist. Insgesamt sind die Versicherten demnach mit der Qualität des deutschen Gesundheitswesens zufrieden – für die Mehrheit (59 Prozent) gehört es zu den drei besten Systemen der Welt. Gegenüber der Vorjahresbefragung ist dieser Wert allerdings erkennbar gesunken: Im Jahr 2017 zählten noch 64 Prozent Deutschland zu den Spitzenreitern.
„Der mündige Patient, den das Gesundheitswesen lange gefordert hat, ist Wirklichkeit geworden“, sagt Michael Burkhart, Leiter des Bereichs Gesundheitswesen & Pharma bei PwC Deutschland. „Versicherte heute, insbesondere die unter 55-Jährigen, wünschen sich ein Miteinander auf Augenhöhe zwischen Arzt und Patient. Die Zeit, die sich ein Arzt für seinen Patienten nehmen kann, ist zu einem entscheidenden Qualitätsfaktor geworden“, so Burkhart weiter. Umso wichtiger ist es seiner Ansicht nach, dass Ärzte die Zeit, die sie etwa durch den Einsatz innovativer Technologien gewinnen, in den Patienten investieren, den Kontakt auch über digitale Schnittstellen pflegen und ihren Service ausbauen. „Der Wunsch der Patienten nach mehr Zeit erfordert aber ebenso ein Umdenken im Gesundheitssystem: Patientengespräche sollten bei der Honorierung von Ärzten stärker berücksichtigt werden“, rät Burkhart.
Guter Eindruck von Krankenhaus-Behandlung
Die Behandlung im Krankenhaus beurteilen die Deutschen vergleichsweise positiv. 53 Prozent der Befragten bewerten die Versorgung in der Klinik als „gut“ oder sogar „sehr gut“. Dieser Wert ist gegenüber dem Vorjahr stabil geblieben. Ein entscheidender Faktor ist die Qualität der Klinik. Bei der Auswahl des Hauses ziehen die Deutschen in erster Linie ihren Hausarzt zu Rate, wie 61 Prozent bestätigen, oder holen sich Rat im Freundeskreis (42 Prozent). Immer mehr Bürger informieren sich aber im Netz – über die Homepage der Klinik oder über Bewertungsportale im Internet (jeweils 38 Prozent). Diese Werte sind gegenüber den Vorjahren erkennbar gestiegen.
Krankenkassen überzeugen
Wie die Bürger das Gesundheitswesen bewerten, hängt auch von der Wahl der Krankenkasse ab. Das Leistungsangebot ihrer Krankenkasse stufen gesetzlich Versicherte etwas schlechter ein als Privatpatienten. So bestätigen 77 Prozent der gesetzlich Versicherten, dass sie alle notwendigen Leistungen für eine gute medizinische Versorgung bekommen, bei den privat Versicherten stimmen 85 Prozent dieser Aussage zu. Trotz dieser Unterschiede sind die Versicherten in Deutschland insgesamt mit ihrer Krankenkasse zufrieden. Das geben 84 Prozent der Befragten an und das überraschenderweise unabhängig davon, ob sie GKV- oder PKV-Mitglied sind. Insofern ist fraglich, ob die derzeit politisch diskutierte Bürgerversicherung tatsächlich für ein stärkeres Gerechtigkeitsempfinden im Gesundheitswesen sorgen kann, so die Studienautoren.
Pharmaunternehmen mit negativem Image
Sehr kritisch bewerten die Deutschen hingegen Pharmaunternehmen: Für 72 Prozent sind sie „auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Unternehmen, die zu Lasten der Sozialkassen wirtschaften“, während lediglich 18 Prozent sie für Innovationstreiber halten, die mit ihren Produkten Krankheiten heilen. Dieses Bild hat sich gegenüber dem Vorjahr nur leicht gebessert. Noch wichtiger als günstige Preise durch Generika ist den Deutschen die Hoffnung auf Heilung: So wünschen sich 62 Prozent der Befragten, dass die Konzerne innovative neue Medikamente entwickeln.
Wenig Wissen über elektronische Gesundheitskarte
Hohe Erwartungen sind im Gesundheitswesen mit der elektronischen Gesundheitskarte der zweiten Generation verbunden. Ihre neuen Funktionen sind jedoch bei vielen nicht bekannt. 41 Prozent der Bürger wissen darüber nicht Bescheid, während 40 Prozent über ihre Krankenkasse informiert wurden und 19 Prozent sich selbst erkundigt haben. „Die neue elektronische Gesundheitskarte wird künftig die Kommunikation unter den Leistungserbringern verbessern und damit auch die Zufriedenheit der Patienten mit dem Gesundheitssystem erhöhen“, meint Burkhart. Doch die Möglichkeiten der Digitalisierung der Medizin seien damit noch lange nicht ausgeschöpft. Die Studie steht zum kostenlosen Download online zur Verfügung.