Streit um Patientendaten-Schutz-Gesetz

Bitkom-Hauptgeschäftsführer Rohleder
Bitkom-Hauptgeschäftsführer Rohleder: „Datenschutz darf nicht zum Bremsklotz der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens werden.“ (Foto: Bitkom)

Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat Korrekturen am Patientendaten-Schutz-Gesetz gefordert. Der Digitalverband Bitkom sieht dies anders und warnt davor, den Datenschutz zum Bremsklotz bei der Modernisierung des deutschen Gesundheitswesens zu machen.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hält die kürzlich vom Bundestag beschlossenen Änderungen beim Patientendaten-Schutz-Gesetz für nicht vereinbar mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Seine Behörde werde aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen die gesetzlichen Krankenkassen ergreifen, gab Kelber gemeinsam mit den Landesdatenschutzbeauftragten aus Brandenburg, Niedersachsen und Baden-Württemberg bekannt.

Konkret kritisieren die Datenschützer die elektronische Patientenakte. In der Anfangsphase können hier Patienten nämlich nur entscheiden, ob sie die Aktenfunktionen nutzen oder nicht. Gespeichert werden etwa Behandlungsberichte oder Notfalldatensätze, um sie behandelnden Ärzten schnell zur Verfügung stellen zu können. Erst ab Anfang 2022 können Patienten dann differenzierter entscheiden, welche Ärzte welche Daten einsehen könnten. Laut dem Gesetzgeber ist die Implementierung einer dokumentengenauen Steuerung durch die Patienten erst ein Jahr nach Einführung des Gesetzes möglich.

Den zuständigen Datenschutzbeauftragten zufolge sind damit Datenschutzverletzungen in der ersten Umsetzungsphase der elektronischen Patientenakte absehbar, da gegen die Prinzipien der Erforderlichkeit und der Zweckbindung verstoßen werde.

Informationelles Selbstbestimmungsrecht

Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder kontert hier vehement: „Das Patientendaten-Schutz-Gesetz bringt uns bei der digitalen Gesundheitsversorgung in Deutschland einen großen Schritt voran – zugleich werden die Gesundheitsdaten der in Deutschland gesetzlich Versicherten im internationalen Vergleich herausragend gut geschützt. Vor allem bleibt das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Versicherten gewahrt: Die Nutzung der elektronischen Patientenakte ist freiwillig und die Datenhoheit liegt beim Patienten selbst. Ab 2022 ist dann auch ein differenziertes Rechtemanagement möglich, bei dem jeder Versicherte genau darüber verfügen kann, welcher Arzt welche Daten einsehen kann.“

Zentraler Schritt für das Gesundheitswesen

Der Bitkom-Chef gibt zu bedenken, dass die Patientenakte jedem Nutzer mehr Wissen über die eigene Gesundheit mitbringt: „Die elektronische Patientenakte ist das Kernstück der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Mit ihr erhalten die Versicherten einen schnellen Zugriff auf ihre medizinischen Daten, ihre Diagnosen oder ihren Impfpass. Sie werden dadurch souveräner und mündiger.“

Unter dem Strich warnt der Bitkom-Hauptgeschäftsführer davor, durch Datenschutz-Bedenken die medizinische Versorgung zu verschlechtern. „Wenn wir es in Deutschland nicht schaffen, den Datenschutz in ein ausgewogenes Verhältnis zum Patientenwohl zu bringen, werden die deutschen Patienten medizinische Leistungen künftig aus Ländern beziehen, denen diese Balance besser gelingt. Datenschutz hat dem Patientenwohl zu dienen und darf nicht zum Bremsklotz der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens werden.“