Bis zu vier Millionen Menschen in Deutschland gelten als Patient ohne Diagnose. Sie leiden unter vielfältigen Symptomen, doch die Ursache wird nicht gefunden. Ein Patientenkolloquium in Bonn beleuchtet jetzt das Thema seltene Erkrankungen.
Im Rahmen des regelmäßig stattfindenden Patientenkolloquiums „Uni-Medizin für Sie – Mitten im Leben“ lädt das Universitätsklinikum Bonn zu einem Informationsabend ein. Unter dem Motto „Der Arzt als Detektiv – seltene Erkrankungen / Patienten ohne Diagnose“ geben Vorträge einen Überblick rund um einen verkürzten Weg zur Diagnostik und der damit verbundenen adäquaten Versorgung der Betroffenen. Die kostenlose Veranstaltung findet am Donnerstag, 13. Juli 2017, ab 18 Uhr im Hörsaal des Biomedizinischen Zentrums (BMZ), (Sigmund-Freud-Straße 25, Venusberg/Bonn) statt.
An seltenen Erkrankungen leiden per Definition maximal fünf von 10.000 Menschen. Während die einzelne Erkrankung nur wenige Menschen betrifft, leben in der Summe etwa vier Millionen Betroffene in Deutschland. Doch solange die Ursache für die vielfältigen Symptome nicht gefunden ist, gelten sie als Patient ohne Diagnose. „Die große Anzahl von Patienten ohne Diagnose leidet nicht nur an den Symptomen ihrer nicht diagnostizierten und damit nicht adäquat behandelbaren Krankheit, sondern auch an den psychischen Folgen, als ‚Simulant’ abgestempelt zu werden“, sagt Professor Dr. Thomas Klockgether, Sprecher des Zentrums für seltene Erkrankungen Bonn (ZSEB) und Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Bonn.
Anlaufstelle geschaffen
Aber solche komplexen medizinischen Fälle richtig zu diagnostizieren und zu behandeln ist eine schwierige Aufgabe, der meist nur ein interdisziplinäres Team aus Spezialisten gewachsen ist. Das Universitätsklinikum Bonn hat deshalb im Jahr 2011 das erste Zentrum für Seltene Erkrankungen in Nordrhein-Westfalen gegründet, an dem vor vier Jahren eine Anlaufstelle für Patienten ohne Diagnose eingerichtet wurde. Darüber hinaus bauen nun andere Zentren für seltene Erkrankungen unter der Federführung des ZSEB und im Rahmen eines von Bund geförderten Projektes ein deutschlandweites Netzwerk auf. Ziel ist es, die Diagnose von seltenen Erkrankungen und die Qualität der Versorgung von Betroffenen voranzutreiben.
Humangenetik gefordert
Etwa 80 Prozent der seltenen Erkrankungen haben genetische Ursachen, werden also durch Veränderungen im Erbgut ausgelöst. Daraus ergeben sich Möglichkeiten diese Krankheiten zuverlässiger zu diagnostizieren, neue Behandlungsstrategien zu entwickeln und Krankheitsrisiken abzuschätzen. Durch moderne Verfahren, die molekulare Ursachen erforschen, werden immer mehr seltene Erkrankungen aufgedeckt.
Zusammen mit Professor Klockgether geht Professor Dr. Markus Nöthen, Direktor des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum Bonn, der Frage nach, welche Rolle das Bonner Zentrum für seltene Erkrankungen sowie die Humangenetik für Patienten ohne Diagnose spielen. Nach den Vorträgen besteht die Gelegenheit, Fragen an die Referenten zu stellen.