IT-Schnittstellen im Gesundheitswesen: Auf Bewährtes setzen

Bessere Zusammenarbeit der IT-Systeme in der ärztlichen Versorgung und in Krankenhäusern soll mit der Änderung des §291d SGB V erreicht werden.  Die Industrie begrüßt diesen Vorstoß des Gesetzgebers zur Sicherstellung von Datenportabilität. Gleichzeitig rät sie dazu, auf etablierte nationale und internationale Standards zu setzen.

Die vom Bundestag beschlossene Änderung im §291d SGB V besagt, dass in IT-Systemen, die in der ärztlichen Versorgung und in Krankenhäusern zur Anwendung von personenbezogenen Patientendaten eingesetzt werden, standardisierte Schnittstellen zur Archivierung zum Einsatz kommen müssen. Auch zur Übertragung von Patientendaten bei einem Systemwechsel sollen demnach standardisierte Schnittstellen vorhanden sein. Anders als bei der ursprünglichen Fassung ist nun in § 291d Absatz 6 eine verpflichtende Umsetzung der Schnittstellen mit einer Frist von zwei Jahren vorgesehen. Die Frist beginnt mit der Aufnahme der Schnittstellenspezifikationen in das Interoperabilitätsverzeichnis nach §291e SGB V. Die geänderten Regelungen betreffen dabei neben PVS- und KIS-Systemen nun auch elektronische Programme für Infektionsschutzmeldungen sowie solche für die Verordnung von Arzneimitteln.

Als Industrieverband der Softwarehersteller im Gesundheitsbereich begrüßt der Bundesverband Gesundheits-IT – bvitg e.V. grundsätzlich alle Aktivitäten zur Schaffung von Datenportabilität und Interoperabilität. Er weist in diesem Zusammenhang aber auch darauf hin, dass für die Datenübernahme bei Systemwechsel zumindest im ambulanten Bereich bereits seit Jahren bewährte Standards existieren. „Dies ist die Prozessbeschreibung ‚bvitg-transfer’ in Kombination mit dem etablierten Datenaustauschstandard ‚xBDT’. Der xBDT definiert weit mehr übertragbare Daten als nur die Teilmenge der Informationen aus der (kassen)-vertragsärztlichen Versorgung und garantiert deshalb über den Gesetzesauftrag hinaus eine alle Versorgungsbereiche umfassende Datenkonvertierung bei einem Systemwechsel“, so Matthias Meierhofer, Vorsitzender des Vorstandes des bvitg. Mit Blick auf die Gesetzgebung hoffe man, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) auf diese bewährten Standards setzen und gleichzeitig auf die Definition neuer Schnittstellen verzichten werde.

Fachärzte für standardisierte IT-Schnittstellen

Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) begrüßt die geplanten Änderungen des Gesetzgebers zur Verbesserung der Interoperabilität und zum leichteren Wechsel bei Praxis-IT-Systemen. Um eine moderne und optimale Versorgung des Patienten zu ermöglichen, müssen die Informationen im deutschen Gesundheitswesen konsequent vernetzt werden. Hierzu zählt insbesondere auch die Verbesserung der Interoperabilität von Praxis-IT-Systemen und Patientenakten im Gesundheitswesen „Die Änderungen des Gesetzgebers im Paragraf 291d SGB V, welche im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten geplant sind, sind daher ausdrücklich zu begrüßen“, sagt Prof. Dr. Bernd Bertram, Vorsitzender des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands und Vorsitzender der Arbeitsgruppe „E-Health“ des SpiFa.

Zusätzliche Kosten

Der bvitg gibt zu bedenken, dass für die verpflichtende Integration der Schnittstellen in jede Installation der Praxisverwaltungssysteme und deren laufende Pflege Aufwendungen für alle Nutzer entstehen werden. Das müsse beachtet werden. „Bisher wurden die Kosten der permanent zu pflegenden Datenübernahmeschnittstellen im Einzelfall von jenen Praxen getragen, die eine Datenübernahme wünschten“, sagt Jens Naumann, stellvertretender Vorsitzender des bvitg.  Mit der gesetzlichen Regelung der verpflichtenden Integration in alle Installationen müssten diese Kosten zukünftig auch von allen Praxen getragen werden – unabhängig davon, ob sie diese überhaupt einsetzen wollten. „Wir hoffen sehr, dass den Ärzten diese Mehraufwendungen durch entsprechende Honoraranpassungen erstattet werden“, so Naumann.

Nicht zu unterschätzen

Auch die Vielschichtigkeit in der Umsetzung darf nach Ansicht des bvitg nicht unterschätzt werden.  Neben dem niedergelassenen Bereich sind gemäß Gesetzesvorgabe Regelungen auch für den stationären Bereich zu treffen, in dem die Herausforderung auf Grund der Komplexität der Systemlandschaft und damit verbundener Datenarten nochmals herausfordernder ist. „Hier muss sowohl an die Daten in den KIS-Systemen selbst sowie in RIS- beziehungsweise PACS-Systemen gedacht werden – und an die vielen unterschiedlichen Fachbereiche und Kliniken mit jeweils eigenen Anforderungen; von der Rettungsstelle über OPs und Intensivstation bis hin zur stationären Pflege“, so Meierhofer. Deshalb sollten die Schnittstellen hier für die systemneutrale Archivierung und Datenübertragung auf internationale offene Standards wie beispielsweise HL7 und IHE ansetzen, um hier den Aufwand zu verringern und der Komplexität des Datenbestands gerecht zu werden. Anders als in der ambulanten Welt kann hier in Deutschland auf keinen in der Praxis bewährten Standard Bezug genommen werden. Hier sei Basisarbeit nötig, für die der bvitg seine Unterstützung anbiete.