Für den Einsatz in Krankenhäusern und Pflegeheimen hat das Fraunhofer IPA einen neuen, flexiblen Transportroboter entwickelt. Er soll das Personal in den Gesundheitseinrichtungen entlasten.
Transport- und Logistikaufgaben fallen im Alltag von Krankenhäusern und Pflegeheimen regelmäßig an und müssen erledigt werden. Sie binden jedoch Zeit, die dem Personal dann für die Pflegetätigkeiten fehlt. In vielen großen Kliniken kommen deshalb bereits heute fahrerlose Transportfahrzeuge zum Einsatz. Sie lassen sich allerdings nur in separaten Versorgungstrakten nutzen.
Lücke schließen
Inzwischen gibt es auch erste Serviceroboter, die sich unter Menschen bewegen und so den Transport innerhalb einer Station oder eines Wohnbereichs unterstützen können. Die größeren dieser Roboter sind für das Tragen von Containern gedacht. Sie haben jedoch oft Schwierigkeiten, in den engen Krankenhausfluren sicher und zuverlässig zum Ziel zu kommen. Kleinere Roboter schaffen das problemlos, erlauben aber nur den Transport von wenigen Einzelartikeln und bieten somit nur eine begrenzte Entlastung. Der vom Fraunhofer-Projekt „MobDi – Mobile Desinfektion“ geförderte und vom Wissenschaftler Theo Jacobs am Fraunhofer IPA entwickelte Transportroboter soll diese Lücke nun schließen.
Der neue Transportroboter wurde als Unterfahrschlepper konstruiert. So kann er mit seinem Fahrgestell unter verschiedene Pflegewagen oder Container fahren, sie anheben und autonom bis zu dem Patienten- oder Bewohnerzimmer bringen, in dem die Inhalte benötigt werden.
Einsatz in engen Fluren
Im Gegensatz zu anderen Transportrobotern setzt das neue Gerät auf einen omnidirektionalen Antrieb mit speziellem Fahrwerk. Damit kann sich der Roboter auch seitwärts bewegen. „Das ist wichtig, um eine schnellere Aufnahme von Lasten und das gefahrlose und zugleich zielgerichtete Fahren in engen oder voll gestellten Umgebungen zu ermöglichen“, so Jacobs. Außerdem sei das Fahrgestell in Länge und Breite variabel. So könne der Roboter Handwagen und Container verschiedener Größe und mit unterschiedlichen Radständen transportieren und brauche nur wenig Platz. „Insgesamt ermöglichen die Bewegungen des Roboters einen intuitiven Umgang mit ihm, weil er sich ähnlich dem Menschen auch seitwärts bewegen kann“, ergänzt Jacobs.
Sensorik für mehr Sicherheit
Damit der Roboter an Orten fahren kann, an denen sich nicht eingewiesene Personen aufhalten, ist er mit umfangreicher 360-Grad-Sicherheitssensorik ausgestattet. Sie detektiert Hindernisse auch nach hinten unter der Last hindurch. Kameras und Algorithmen der Bildverarbeitung erkennen aufzunehmende Wagen und ermitteln automatisch die notwendige Bewegung zum Andocken und Anheben der Last. Der Roboter muss lediglich vorher die ungefähre Position eines Wagens kennen, den er abholen soll.
Eine wichtige Ziel für die Entwicklung des Roboters war es, dass er die bereits jetzt in Einrichtungen vorhandenen Handwagen transportieren kann, ohne dass sie aufwendig umgerüstet werden müssen. Lediglich eine gewisse Bodenfreiheit zum Unterfahren des Wagens muss gegeben sein.
Wäschetransport ein komplettes Pflegeheim
Ein einzelner Roboter genügt, um beispielsweise den Wäschetransport für ein komplettes Pflegeheim zu automatisieren. Wenn Zeit ist, kann der Roboter weitere Transportdienste für Medikamente, Verbandsmaterial und mehr übernehmen. Zeitgesteuert können Routinetransporte ausgeführt oder spontan über ein Tablet oder Smartphone angefordert werden. „Je nach Anwendungsszenario und Integration in etablierte Abläufe in den Einrichtungen ist der Wagen für die reguläre Patientenversorgung oder für den spontanen Einsatz oder Springerdienst nutzbar“, erläutert Jacobs die Einsatzmöglichkeiten.
Wirtschaftlichkeit im Fokus
Forschende des Fraunhofer-Zentrums für Internationales Management und Wissensökonomie IMW unter Leitung von Dr. Marija Radic untersuchte die Wirtschaftlichkeit des Roboters auf Basis einer Lebenszykluskostenrechnung. Sie umfasst alle Kosten, die auf den gemessenen und zukünftig erreichbaren Leistungsdaten und den Kosten des Roboters von der Anschaffung bis zur Entsorgung anfallen. Als Vergleichswert wurden die Kosten einer Hauswirtschaftskraft herangezogen, die lediglich die genannten Transporte durchführt. Eine solche Kraft verbringt derzeit täglich mehrere Arbeitsstunden mit dem Transport von Schmutzwäsche von allen Wohnbereichen zu einem Lagerbereich im Keller. Hinzu kommt das Verteilen von Frischwäsche auf die Wohnbereiche.
„Übernimmt ein Roboter den gesamten Transport der Schmutz- und Frischwäsche, kann er bereits bei einer Abschreibungsdauer von drei Jahren wirtschaftlich eingesetzt werden“, so Dr. Marija Radic, Abteilungsleiterin am Fraunhofer IMW. Die Wirtschaftlichkeit lasse sich noch deutlich steigern, wenn der Roboter weitere Transportdienste übernehme.
Vertriebspartner gesucht
In den nächsten Wochen soll der neu entwickelte Transportroboter in Pflegeeinrichtungen getestet werden. Anhand der so gewonnenen Erkenntnisse wollen die Forschenden die Technik weiterentwickeln und optimieren. Geplant ist außerdem, parallel dazu mögliche Hersteller und Vertriebspartner anzusprechen, die den Roboter in Zukunft als Serienprodukt weiterentwickeln und vertreiben wollen.