Das leistet Mobile Health bei Diabetes

Mehr als 415 Millionen Menschen weltweit leiden unter Diabetes. Ein gutes Selbstmanagement der Patienten, das eine engmaschige Verlaufskontrolle durch die behandelnden Ärzte ermöglicht, ist wichtig, um Spätschäden und Folgeerkrankungen zu vermeiden. Neue Technologien können dabei einen deutlichen Betrag leisten.

Die ausreichende Kontrolle des Blutzuckerspiegels ist Ziel der Behandlung von Diabetes-Patienten. Eine mangelnde glykämische Kontrolle mit ständig erhöhten Blutzuckerwerten verursacht Diabeteskomplikationen, wie Augen-, Herz- und Nierenerkrankungen. Auch  Hypoglykämie kann lebensgefährlich sein, denn der zu niedrige Blutzuckerspiegel stellt eine schwerwiegende Komplikation bei mit Insulin behandelten Patienten dar. „Sowohl Patienten mit Typ 1, als auch Patienten mit Typ 2 Diabetes mellitus benötigen daher sehr gute Kenntnisse über ihre Krankheit, um ein Selbstmanagement mit engmaschige Verlaufskontrolle durch ihren jeweiligen Diabetesexperten zu ermöglichen,“ sagt Dr. Julia Mader von der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Diabetologie an der Medizinischen Universität Graz. Denn dadurch kann die Diabetestherapie rechtzeitig angepasst werden. Bis vor kurzem konnte die Interaktion zwischen Patient und Arzt nur während der Sprechstunden stattfinden.

Durch neue Technologien wird die Tätigkeit des Arztes künftig ebenso erleichtert wie der Umgang des Patienten mit seiner Krankheit. Es gibt Geräte beziehungsweise Lösungen sowohl für Patienten als auch für medizinisches Fachpersonal (Health Care Professionals, kurz HCP). Oft besteht eine Interaktion zwischen der patientenorientierten Lösung und der HCP-Anwendung für eine gemeinsame Datennutzung, um dem behandelnden Arzt die Möglichkeit zu geben, mit dem Patienten auf Wunsch zu interagieren.

Rahmenbedingungen schaffen

Technologien, die hauptsächlich zur Nutzung für Patienten konzipiert wurden, umfassen elektronische Tagebücher, Ernährungsratgeber und Bewegungstracker, in die Patienten ihre Daten eingeben können und Empfehlungen vom System erhalten. Anspruchsvollere Geräte bieten individualisierte, sogenannte Bolusrechner. Sie helfen den Patienten bei ihrer Entscheidung hinsichtlich der Insulindosis. Außerdem besteht bei der Mehrheit der derzeit erhältlichen Insulinpumpen und (kontinuierlichen) Glukosemessgeräten die Möglichkeit, Daten mit dem medizinischen Fachpersonal auszutauschen. So lässt sich die Therapie bei Bedarf schnell und unkompliziert anpassen. Die Frage nach der Vergütung für Telemedizin ist allerdings nach wie vor nicht geklärt. Dadurch ist die Bereitschaft der Ärzte begrenzt, eine derartige Dienstleistung anzubieten. Auch Rahmenbedingungen hinsichtlich des Datenschutzes stehen noch nicht zur Verfügung und müssen geschaffen werden.

Für die Nutzung durch medizinisches Fachpersonal sind nicht nur Risikokalkulatoren beispielsweise zur Berechnung des individuellen kardiovaskularen Risikos, wie den „Heart Risk Calculator“ , sondern auch Entscheidungshilfesysteme für Diabetesmanagement im Krankenhausumfeld  wie GlucoTab und Glucommander erhältlich. „Neuere Versionen werden in Zukunft sowohl individualisierte Therapieansätze als auch eine zeitnahe Einleitung des Entlassungsmanagements umfassen – beispielsweise ein Patiententraining zur Handhabung von Blutzuckermessgeräten, Insulin-Pens und Diabetes-Selbstmanagement“, so Dr. Mader.

Gemeinsam für bessere Therapie

Im nächsten Schritt sollen diese Systeme im ambulanten Bereich und zur Hausarzt-Nutzung verfügbar gemacht werden. Sie sollen die die Barriere zur Einleitung einer Insulintherapie durch nicht-fachkundige Nutzer reduzieren, zu denen beispielsweise zählen. Denn die Systeme helfen nicht nur bei der Einleitung einer Insulintherapie, sondern auch bei der Anpassung der Insulindosis. Darüber hinaus kann der Hausarzt bei Diabetesexperten zu Rate ziehen. „Als ganzheitliches System besteht das Ziel darin, den Patienten als Ganzes zu sehen,“ sagt Dr. Mader. Deshalb sollte nicht nur Diabetes behandelt werden, sondern auch vom Hausarzt regelmäßig kontrolliert werden, ob Folgekomplikationen wie Neuropathie, Retinopathie, Nephropathie oder kardiovaskuläre Erkrankungen aufgetreten sind. Bestehende Folgekomplikationen sollten dann bei einer Intensivierung oder Deintensivierung der Therapie berücksichtigt werden. Die Expertin ist davon überzeugt, dass Mobile Health dabei helfen wird, das Diabetesmanagement zu vereinfachen: „Trotzdem wird eine regelmäßige Fachberatung erforderlich sein.“